Ein Tummelplätzchen für Internetschätzchen

2/16/2006

Frühling real (vgl. u.)



„Den Bescheid hätten Sie aber kriegen müssen.“ Ich am Telefon, die Agentur für Arbeitsamt am anderen Ende. Ich am Ende. Abgelehnt, kein Überbrückungsgeld. Ich bin dann schwimmen gegangen. Neue Geschäftsidee: Schwimmen nur für Erwachsene, Mottoveranstaltungen: Ü60 Aquagym, U30 Flirt & Swim, Mittvierziger Wettschnorcheln. Am Abend hörte ich eine Veranstaltung über Interkulturelle Kommunikation, eine Vorlesung aus einer Doktorarbeit. Kernthese: Deutsche sprechen direkter als Österreicher und Italiener und kommen bei diesen deshalb unfreundlicher an. Aha. Ungeachtet dieser Tatsache warf ich mich bis 1h an den Rechner und ins Netz, wo mir 4 Kontaktanträge in einer wichtigen Geschäftsbörse gemacht wurden, die Leute mussten wohl ahnen, dass ich online bin. Vorher hatte ich Yana getroffen, die bei Begrüßung ebenfalls meinte: „Ich habe gerade an dich gedacht.“ Beruflich, wohlgemerkt. Aber: Aura war da, gestern. Jetzt aber zum Titel des Posts: Gewagt hatte ich mein Handy auf „8:30h Klingeln“ eingestellt, völlig blauäugig, wie ich an meinen verklebten Augen feststellte. Da ich mich aber heute vormittag mit dem Energie fressenden Thema Versicherungen + Altersvorsorge beschäftigen wollte, befahl ich meinem Körper: „Raus, Luft, Brötchen, Kaffee!“ Ich wählte gelbes Kragenhemd und grünen Pullover darüber - Frühlingsfummel. Draußen, relativ uneingeschränkt: Sonne. Haargel hattich nicht, die Augen waren noch unfit, ich also mit Sonnenbrille und Mütze lächelnd los. Beim DM: Seifenachfüllpack, ein Gel für zu Hause, eines für den Sport, Rasierschaum; “Zehenschoner“ und „Hornhauttinktur“ nahm ich nur amüsiert wahr. Mit dem Gutschein vom Geburtstag bekam ich noch Geld zurück, der Frühling machte sich langsam breit. Drei Shops weiter dann die erfrischende Erkenntnis: Du kannst immer noch Bäckersfrau werden.

„Einen Schokodonut... ein Schinken/Käse-Croissant... und einen Kaffee, alles zum Mitnehmen.“
Sie, Brille, rotes Haar, Ende 30, holt einen Teller (-1), Schokodonut drauf (+1), nimmt ein Käsecroissant dazu (-1)...

„Schinken bitte, Käse und Schinken!“
„Ach, mit Schinken. Müssen Sie auch sagen.“
...
„Großen oder kleinen Kaffee?“
„Klein bitte.“
...
„Und alles zum mitnehmen bitte.“
„Ja, müssen Sie doch sagen! Da brauch ich ja keinen Teller. Außerdem gibt´s den Kaffee zum Mitnehmen nur in groß.“
(nur gedacht): „Servicewüste, Arbeitsamt, raus aus Deutschland, wortlos gehen, laut lachen, Frau würgen, in die Hand beißen, bewaffnen.“
...
(ruhig, mit rotem Kopf) „Ich bin mir ziemlich sicher, das ich „Schinken/Käse-Croissant“ und „zum mitnehmen" gesagt habe.“
„Naja, is ja halb so wild. Dann tun wir es eben in die Tüte.“

Man hört es raus, man weiß einfach sie denkt: Ich hab keine Schuld. Aber dann bin ich rüber zum Aachener Weiher, Mantel offen, Brille, Mütze ab, Schokodonut gegessen, kalten Kaffee getrunken, Möwen geguckt. Ein guter Frühlingsbeginn.

PS: Liebes Comedia-Theater, gebt mir doch bitte meine 40 Euro für die verpasste Max Goldt Lesung zurück. Ihr seht ja: Ich hab´s nicht einfach.

1 Kommentar:

beyondparadigm hat gesagt…

Wenn es so einfach wäre, wären wir Alle reich, glücklich und fett. Aber dann hätte das Leben an Bedeutung verloren and wäre kotz-langweilig. Spring, trotze die Konsequenzen und vergiss das Komfortable. Irgendwann muss die Suche aufhören. Irgendwann muss DU mit dem Tun beginnen.

Harte (aber herzliche) Worte